Pressemitteilung
Task Force zieht teilweise falsche Schlüsse
(Merzig, den 28.08.2018) – Der Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD e.V.) reagiert mit große Verwunderung auf den vorläufigen Abschlussbericht der Task Force „Lunapharm“ des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg. In der vorläufigen Aufarbeitung um das offensichtlich kriminelle Handeln eines Kleinsthändlers und dem eklatanten Versagen der Arzneimittelaufsicht im Kontext von illegal gehandelter Arzneimittel aus Diebstählen zieht die Task Force teilweise die falschen Schlüsse.
Zur Beurteilung des Behördenversagens führt der vorläufige Bericht u.a. detailreich die umfangreichen nationalen und europäischen Rechtsgrundlagen und Regularien für den Parallelhandel innerhalb des europäischen Binnenmarktes mit Arzneimitteln sowie die Aufgaben und Verpflichtungen der behördlichen Arzneimittelüberwachung auf.
Aus dem gesamten Bericht kann jedoch in keiner Weise die Forderungen nach Streichung des §129 Absatz 1 Satz 1 Nr. SGB V (Preisgünstigkeitsklausel) sowie die Befürwortung für ein generelles Verbot des Parallelvertriebes von Arzneimitteln in der EU begründet abgeleitet werden.
Jedoch finden sich in den „Beurteilungen der Regelung und Begründung für ihre Streichung“ (Punkt 9.2), fast wortgleich die Ausführungen der ABDA/DAV wieder. Dies verwundert kaum, da mit Prof. Dr. Martin Schulz der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK) sitzt, der gleichzeitig als Geschäftsführer Pharmazie der ABDA die übergeordnete Instanz des AMK bildet.
Die Ausführungen passen jedoch in keiner Weise zu den jährlichen „AMK Spontanberichten zu Qualitätsmängeln und unerwünschten Wirkungen“. Die sogenannten Verdachtsberichte gehen über die letzten Jahre in 0,2 bis 0,9 Prozent der Fälle insgesamt von Manipulationen/Fälschungen aus. Ebenso berichtet das AMK in einem Faktenblatt ARZNEIMITTELFÄLSCHUNGEN mit Stand 6. März 2018 im Bezug auf Arzneimittelfälschungen im legalen Vertriebsweg, dass zwischen 1996 bis Anfang 2008 dem Bundeskriminalamt (BKA) insgesamt 49 Fälle von Arzneimittelfälschungen in der legalen Verteilerkette bekannt wurden, davon 11 Totalfälschungen. Von 38 dieser Fälle war (auch) Deutschland betroffen. Weitere oder neuere Daten werden nicht erwähnt. Zudem spricht die AMK von „mehrere Einzelfälle von gefälschten Arzneimitteln“, die in den vergangenen Jahren in der Apotheke oder dem pharmazeutischen Großhandel aufgetaucht sind und bezieht sich dabei auf verschiedene Rückrufe, „darunter Medikamente gegen Magenerkrankungen und Hepatitis, sowie verschiedene Re- bzw. Parallelimporte gegen diverse Indikationen“.
Eine Forderung zur Abschaffung der Importförderung oder Streichung der Importquote oder gar ein komplettes Handelsverbot von Arzneimitteln in der EU findet sich hier jedoch nicht. Die AMK als Fachgremium respektive Prof. Dr. Schulz als anerkannter Pharmakologe haben sich offenkundig von Teilen der Standesführung für deren standespolitischen Ziele instrumentalisieren lassen.
In der gleichen Logik müsste die AMK und die ABDA mit Blick auf Fälschungsfälle (z.B. Omeprazol) und systematischen Verunreinigung beim Produktionsprozess (Stichwort: Valsartanskandal) auch die Abschaffung der Rabattverträge für Generika sowie ein grundsätzliches Vertriebsverbot fordern.
Um es nochmals klar aufzuzeigen. Mit dem legalen und politisch gewollten Handel mit Arzneimitteln innerhalb der Europäischen Union hat der „Lunapharmskandal“ um gestohlenen Arzneimittel aus griechischen Krankenhäusern jedoch nichts zu tun. Der eigentliche Skandal im aktuellen Fall liegt in den offenkundig illegalen Aktivitäten eines Kleinsthändlers und der mangelhaften Koordination und Kooperation der zuständigen Ermittlungsbzw. Aufsichtsbehörden. Beides ist auch über den vorläufigen
Abschlussbericht hinaus weiterhin lückenlos aufzuklären und konsequent nach der bereits bestehenden und ausreichenden Rechtslage zu sanktionieren.
Für den Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands e.V. (VAD) ist der Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Absicherung der regulären Lieferkette für Arzneimittel eine Gemeinschaftsaufgabe aller Marktakteure in Verbindung mit einem klaren und problemorientierten Rechtsrahmen sowie wachsamer und durchsetzungsstarker Aufsichtsbehörden. Die legale Lieferkette in Deutschland ist grundsätzlich sicher. Vor kriminellen Angriffen ist jedoch kein Versorgungssystem per se immun, sodass die Sicherungssysteme im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Arzneimittelrechtes, der GMP sowie GDP und der Qualitätssicherungs- und die Qualitätskontrollmechanismen der pharmazeutischen Unternehmen, der Großhändler und der Apotheken funktionieren müssen. Gemeinsam mit den Aufsichtsbehörden wird somit die Arzneimittelsicherheit für die Patienten gewährleistet. Zudem sind die Importeure bereits in der Erprobung an securPharm beteiligt.
Aus Sicht des VAD gibt es grundsätzlich kein erhöhtes Fälschungsrisiko beim Handel von Arzneimitteln über die zugelassenen pharmazeutischen Großhändler in den Ländern der Europäischen Union. Wir fordern jedoch, dass die Europäische Union dafür sorgen muss, dass es bei der Zulassung und Kontrolle von Großhändlern, Parallelhändlern und Apotheken mit Großhandelserlaubnis keine Qualitätsunterschiede in den Mitgliedstaaten gibt. Daher müssen die strengen Sicherheitsstandards im Zuge der Aufsicht durch die jeweiligen Behörden aller Mitgliedstaaten gleichermaßen durchgesetzt werden. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Großhandelszulassung zu überprüfen und ggf. zu verschärfen. Der VAD fordert zudem, dass das zentrale Register der EMA aller in der EU zugelassenen Großhändler von allen Mitgliedsstaaten vollständig gepflegt wird.